Die Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung ist eine persönliche Handlungsanweisung an Ärzte:

Sie können so bereits jetzt festlegen, welche Behandlung Sie für den Fall möchten, dass Sie Ihren Willen nicht mehr kundtun können.

Häufigster Inhalt sind Behandlungswünsche für das Lebensende.

Unterschied zur Vorsorgevollmacht:

Bei jeder ärztlichen Behandlung (z.B. Operation, Spritzengabe) ist Ihre Einwilligung erforderlich. Sind Sie schwer erkrankt, kann man Sie möglicherweise nicht mehr fragen, ob Sie mit den anstehenden Behandlungen einverstanden sind.

Die Patientenverfügung gibt in einem solchen Fall Ihren mutmaßlichen Willen wieder, während eine Vorsorgevollmacht schon jetzt verbindlich festlegt, wer Sie rechtswirksam vertreten kann.

Vor ein paar Jahren ist die Patientenverfügung gesetzlich geregelt und ins Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden:

„Hat ein […] Volljähriger […] schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte […]Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.“ (§ 1901 a Abs. 1 BGB)

Betreuer kann in diesem Fall auch derjenige sein, der Ihr Vorsorgebevollmächtigter ist.

Wie muss eine wirksame Patientenverfügung abgefasst sein?

  • schriftlich (lesbar mit Ort, Datum und Unterschrift!)
  • Formulare können Ihnen helfen, müssen aber eventuell auf Ihre persönliche Situation und Ihre Wünsche angepasst werden
  • Eine notarielle Beurkundung ist in der Regel nicht erforderlich

Da Sie die Patientenverfügung meist viele Jahre vor dem Zeitpunkt erstellen, für den sie gebraucht wird, macht es Sinn, Ihren Willen jährlich oder alle paar Jahre zu bestätigen.

Schreiben Sie dazu einfach unter Ihre Patientenverfügung: „Dies ist auch weiterhin mein Wille“ und unterschreiben Sie dies mit Datum und Ortsangabe.

Inhalt der Patientenverfügung:

Das größte Problem ist, dass Sie in der Patientenverfügung bereits heute Festlegungen für Situationen treffen sollen, in denen Sie vermutlich noch nie waren.

Deshalb darüber nachdenken:

  • Was ist Ihnen in Bezug auf Krankheit und Tod wichtig?
  • Wovor haben Sie Angst?
  • Soll alles medizinisch Mögliche getan werden?
  • Oder möchten Sie in aussichtslosen Situationen sterben gelassen werden?

Wenn Sie diese Fragen für sich geklärt haben, sollten Sie sich Rat suchen und z.B. Ihren Hausarzt ansprechen. Lassen Sie sich von ihm erklären, was in welcher Situation sinnvoll ist.

Lesen Sie sich Formulierungshilfen durch und entscheiden Sie, was in Ihre Patientenverfügung aufgenommen werden soll.

Wenn Sie noch unsicher sind, lassen Sie sich rechtlich durch einen Anwalt oder einen Notar aufklären.

Setzen Sie dann Ihre Patientenverfügung auf und überprüfen Sie diese regelmäßig.

Bitte beachten Sie:

Aufgrund von zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Jahr 2016 und 2017 reicht es nicht mehr aus, dass man in der Patientenverfügung lediglich auf „lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet“.

Der BGH verlangt, dass in der Patientenverfügung ganz konkret die Maßnahmen und Situationen beschrieben werden, in denen der Patient eine bestimmte Handlung wünscht oder eben gerade nicht wünscht.

Zusätzliche Informationen zu der neuen Rechtsprechung hat das Bundesjustizministerium hier veröffentlicht.

Bitte denken Sie daran:

Die Patientenverfügung muss im Notfall schnell auffindbar sein!

Deshalb:

  • Benennen Sie einen Vertreter und erstellen Sie zusätzlich eine Vorsorgevollmacht
  • Informieren Sie Ihren Hausarzt
  • Besprechen Sie den Inhalt der Patientenverfügung mit Ihrem Vertreter und allen nahen Angehörigen, damit Ihre Wünsche bekannt sind und ohne Streitigkeiten und Verzögerungen beachtet werden.

Falls Sie sich weiter über Patientenverfügung, Betreuungsrecht und Vorsorgevollmacht informieren wollen, finden Sie auf den Seiten des Bundesjustizministeriums viele Informationen, Formulare und Broschüren.

Für Fragen stehe ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung: Telefon 06373-891145, oder kontaktieren Sie mich hier.

Rechtliche Vorsorge: Interview mit Priv.-Doz. Dr. Patrick Müller-Best, Teil 2

Hier können Sie den ersten Teil des Interviews lesen…

Wenn Ihr das Betreuungsgericht einschalten müsst, wie läuft das ab? Und in welchem Zeitraum wird eine Entscheidung durch das Betreuungsgericht getroffen?

Da sind wir in meiner Klinik in einer sehr gesegneten Situation, da unser Amtsgericht sehr schnell handelt.

In der Praxis läuft es so ab, dass unser Sozialarbeiter und wir mit den Angehörigen – so vorhanden – sprechen und diese festlegen, wer als Betreuer vorgeschlagen werden soll. Diesen Vorschlag geben wir an das Betreuungsgericht weiter.

Sobald eine Entscheidung getroffen wird, lässt uns das Betreuungsgericht eine Kopie der Betreuungsurkunde zukommen. Sollte eine Betreuung noch schneller erforderlich sein, gibt es für uns die Möglichkeit, beim Landgericht über einen Notfallrichter eine Betreuung zu erwirken.

Wir sind da wirklich in einer idealen Lage, ich weiß von anderen Kliniken, dass solche Entscheidungen manchmal nicht so schnell möglich sind.

Wenn es jetzt in einem Fall keine Angehörigen gibt, wer wird dann Betreuer?

Es kommt darauf an. Manche Patienten benennen auch Nachbarn oder gute Freunde als Vertreter für Notfälle. Wenn es keine Aussagen des Patienten gibt, werden oft auch Betreuungsvereine oder sogenannte Berufsbetreuer eingesetzt.

Notfälle kommen ja in der Regel ohne Vorankündigung auf einen Menschen zu. Was würdest Du empfehlen, wie man sich für solche Fälle vorbereiten und absichern sollte?

Prinzipiell ist eine sogenannte Patientenverfügung sinnvoll. In ihr sollte aber schon festgehalten werden, was man möchte und was man eben nicht will. Viele Formulare, die derzeit für Patienten zugänglich sind, sind relativ schwammig formuliert und helfen daher im Notfall nicht wirklich weiter.

Deshalb halte ich es eigentlich schon für noch wichtiger, dass man für solche Fälle eine Vertrauensperson und idealerweise auch einen Stellvertreter für diese Person benennt, die im Notfall für einen sprechen kann.

Viele medizinischen Sachverhalte sind nicht so einfach, dass sie durch ein Patientenverfügungsformular wirklich abgedeckt werden. Oft gibt es durchaus Interpretationsbedarf, den man als Arzt mit einer solchen Vertrauensperson besprechen muss.

Ein Patient sollte idealerweise schon vor dem Notfall mit den Vertrauenspersonen gesprochen haben, damit diese wissen, was man will und was man eben nicht will.

Du sprichst von einer Vorsorgevollmacht, oder?

Ja, eine Vorsorgevollmacht, in der man gerade auch bestimmt, wer in medizinischen Notfällen für einen entscheiden soll. Klar kann eine Vorsorgevollmacht auch für den finanziellen Bereich gelten.

Man kann auch für die unterschiedlichen Bereiche verschiedene Personen bestimmen, wenn man etwa denkt, dass eine Person nicht für beide Bereiche geeignet ist.

Okay. Mal eine ganz andere Frage: Wenn jemand bewusstlos bei Euch eingeliefert wird, dann wisst Ihr ja in der Regel nicht, ob diese Person regelmäßig Medikamente nimmt und braucht. Wie geht Ihr in einem solchen Fall vor?

Das ist schwierig. Der Patient bekommt natürlich zunächst einmal die Medikamente, die für seinen Notfall erforderlich sind.

Aber wir wissen natürlich zunächst nicht, ob er auch noch andere Medikamente benötigt. Das versuchen wir dann über die Angehörigen herauszubekommen. Teilweise können wir dies auch über den Hausarzt erfragen, wenn wir wissen, wer der Hausarzt des Patienten ist.

Manchmal haben wir auch Glück und der Patient hat in seiner Brieftasche einen Zettel, auf dem sein Medikamentenplan aufgeführt ist.

Es wäre also sinnvoll, wenn jeder, der dauerhaft Medikamente nehmen muss, einen Zettel bei sich hat, auf dem genau steht, was er einnimmt. Sinnvoll wäre es doch auch, wenn auf dem Zettel stehen würde, worauf der jeweilige Mensch allergisch ist, oder?

Ja, es sollte insbesondere auch darauf geachtet werden, dass der Medikamentenplan aktuell ist.

Patienten, die allergisch auf Substanzen reagieren, haben oft einen Allergieausweis dabei.

Hilfreich sind natürlich auch Ausweise über durchgeführte Operationen, z.B. ist es oft so, dass Patienten, die einen Herzklappenersatz hatten, einen Ausweis dabeihaben.

Ein Ausweis sollte dann aber auch wirklich bei sich geführt werden. Ein Allergieausweis, der zu Hause in der Schublade vor sich hin wartet, wird in der Regel im Notfall nicht gefunden. Zumal die Patienten ja auch nicht immer zu Hause sind, wenn sie in eine Akutsituation geraten.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass man aus Deiner Sicht auf jeden Fall eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung haben sollte. Meiner Erfahrung nach ist es auch sehr wichtig, dass die eingesetzten Personen wissen, dass es solche Vollmachten und Verfügungen gibt und wo sich diese befinden.

Ja, das ist extrem sinnvoll. Die Vertrauenspersonen sind ja auch oft die Person, die einen Notruf tätigen.

Sollte der Patient keine Wiederbelebungsmaßnahmen wünschen, so muss das dem Notarzt mitgeteilt werden. Sonst ist der Notarzt verpflichtet, alles dafür zu tun, damit der Patient überlebt.

Ist eine Reanimation aber durchgeführt worden und der Patient hat einen Atemschlauch erhalten, so kann dies nicht einfach rückgängig gemacht werden. Man muss daher vorher eingreifen, wenn eine Wiederbelebung von einem Patienten zum Beispiel wegen einer schweren Erkrankung nicht gewünscht wird.

Noch abschließende Worte?

Nein, ich denke wir haben alles ausführlich besprochen.

Dann vielen Dank für dieses Gespräch.

Falls Sie sich weiter über Patientenverfügung, Betreuungsrecht und Vorsorgevollmacht informieren wollen, finden Sie auf den Seiten des Bundesjustizministeriums viele Informationen, Formulare und Broschüren.

Für Fragen stehe ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung: Telefon 06373-891145, oder kontaktieren Sie mich hier.

Rechtliche Vorsorge: Interview mit Priv.-Doz. Dr. Patrick Müller-Best, Teil 1

Als Rechtsanwalt werde ich oft dann eingeschaltet, wenn ein Mandant schon ein massives Problem hat. Mir ist es in meiner Arbeit wichtig, Menschen schon im Vorfeld zu beraten, damit vermeidbare Probleme gar nicht erst entstehen.

Mein Mann, Priv.-Doz. Dr. Patrick Müller-Best, arbeitet als Arzt im Krankenhaus und behandelt häufig Notfälle und schwerkranke Menschen. Im folgenden Interview haben wir uns darüber unterhalten, wie die Versorgung solcher Patienten abläuft und warum rechtliche Vorsorgemaßnahmen – Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht – wichtig sind:

Beschreib uns doch bitte kurz Deine Tätigkeit.

Ich bin Chefarzt der Klinik für Innere Medizin an einem kirchlich geführten Krankenhaus. Meine Abteilung ist allgemein internistisch ausgerichtet mit einem Schwerpunkt für Kardiologie. Zudem bin ich Privatdozent an der Universität des Saarlandes.

Was für Leistungen bietet Deine Abteilung an?

Wir bieten alle allgemeinen Untersuchungen der internistischen Medizin an. Zu uns kommen Notfallpatienten aus dem gesamten internistischen Bereich.

Schwerpunktmäßig führen wir – als Klinik mit kardiologischen Schwerpunkt – Herzkatheteruntersuchungen durch. Dies natürlich auch bei Notfällen, d.h. insbesondere bei Herzinfarkten. Darüber hinaus versorgen wir eine interdisziplinäre Intensivstation mit acht Betten und eine Intermediate-Care-Station mit vier Betten.

In welchem Zustand kommen die Patienten zu Euch? Sind sie in der Regel noch ansprechbar?

Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten Patienten sind wach und ansprechbar. Da wir aber auch Herzinfarktpatienten versorgen, gibt es auch Patienten, die reanimiert worden sind. Manche wiederbelebten Patienten müssen einem Herzkatheter zugeführt werden. Zudem haben wir natürlich auch Patienten mit schweren Lungenerkrankungen, die mit einem Atemschlauch versorgt worden sind und dadurch nicht ansprechbar sind. Viele Patienten liegen auch in einem so genannten künstlichen Koma.

Wie werden solche Patienten von Euch versorgt?

Wir stabilisieren diese Patienten zunächst. Dies versuchen wir mit kreislaufunterstützenden Maßnahmen zu erreichen. Nach der Stabilisierung versuchen wir natürlich, den Atemschlauch wieder zu entfernen und den Patienten wacher werden zu lassen.

Leider gelingt dies nicht in jedem Fall. Manchmal ist es dann auch notwendig, dass die Patienten mit einem Luftröhrenschnitt versorgt werden, um die Beatmung einerseits fortführen zu können, zum anderen auch, um eine Möglichkeit zu haben, den Atemschlauch auf Dauer zu entfernen.

Inwieweit spielt in solchen Fällen der Wille des Patienten eine Rolle?

Dazu müsstest Du als Rechtsanwältin natürlich noch mehr wissen als ich. Es ist so, dass die aktuelle Rechtsprechung und Gesetzgebung verlangt, dass der mutmaßliche Wille des Patienten immer an erster Stelle steht.

Wir versuchen dabei, uns an Patientenverfügungen zu orientieren. Natürlich ist es für uns aber noch wichtiger, einen Ansprechpartner zu haben, der den Willen des Patienten kennt und vertritt.

Am einfachsten ist es, wenn der Patient vor dem Ereignis bereits in einer Vorsorgevollmacht festgelegt hat, wer im Falle seiner Nichtansprechbarkeit für ihn reden soll. Wenn dies nicht geregelt ist, sprechen wir mit den Angehörigen.

Es ist ja bei Euch vermutlich auch so, dass viele Eurer Patienten älter sind. Wie schnell geht es denn in einem Notfall, einen Angehörigen zu erreichen?

Das ist extrem unterschiedlich und stellt in vielen Fällen wirklich ein Problem dar. Es kommt doch immer häufiger vor, dass Patienten keine nächsten Angehörigen haben, sondern vielleicht Neffen und Nichten, bei denen wir erstmal gar nicht wissen, wie wir sie erreichen können. Dann müssen wir teilweise auch über die Polizei Angehörige suchen lassen.

Was passiert, wenn von Euch zeitnah keine Angehörigen gefunden werden können?

Dann lassen wir durch das Gericht einen Betreuer bestimmen, der für den Patienten spricht.

Natürlich heißt das nicht, dass die Patienten in der Zwischenzeit keine Behandlung erfahren. Wir sind immer dazu verpflichtet, Notfallmaßnahmen durchzuführen, und tun dies selbstverständlich auch. D.h., der Patient wird nicht deshalb nicht wiederbelebt, weil es keinen Angehörigen gibt, der zustimmt.

Wir müssen in dem Fall von dem ausgehen, was wir von dem Patienten wissen und dementsprechend handeln.

Wo es aber schon ein Problem gibt, sind Maßnahmen, die nicht extrem zeitkritisch sind, wie zum Beispiel bei der Versorgung mit einem Luftröhrenschnitt. Da kann man durchaus noch zwei Tage länger abwarten.

Bei schweren Operationen müssen wir immer Rücksprache halten. Solche Maßnahmen müssen vom Gericht genehmigt werden, wenn keine Vollmachten vorliegen.

Ein Luftröhrenschnitt klingt für mich jetzt erst einmal wie etwas, das sehr schnell geschehen muss. Welches Behandlungsziel wird mit einem solchen Luftröhrenschnitt erreicht?

Wenn ein Patient mit einem Tubus, d.h. mit einem Atemschlauch, versorgt worden ist, versuchen wir natürlich zuerst, ob sich dieser wieder entfernen lässt und der Patient selbstständig atmen kann und keine massive Unterstützung durch die Beatmungsmaschine benötigt.

So ein Atemschlauch kann aber nicht ewig liegen bleiben. Wir müssen nach circa einer Woche entscheiden, ob die Entfernung des Atemschlauchs möglich ist oder ob wir einen anderen Weg gehen müssen.

Ein anderer Weg wäre eben der Luftröhrenschnitt. Ein über die Luftröhre eingesetzter Atemschlauch ist deutlich kürzer. Damit ist eine Beatmung und eine längerfristige Entwöhnung von der Beatmungsmaschine einfacher möglich. Insofern ist in den seltensten Fällen ein Luftröhrenschnitt sofort notwendig.

Es gibt natürlich Ausnahmen, dann aber üblicherweise direkt in der Notfallsituation, wenn die Luftröhre derart zugeschwollen ist, dass ein normaler Tubus nicht mehr durchpasst.

Hier geht es weiter zum 2. Teil des Interviews…