Überlebenstipps für Erwachsene

Wissen Sie noch, wie viele Sachen Sie lernen mussten, bevor Sie erwachsen waren? Und wie sehr Sie sich auf Ihre Volljährigkeit gefreut haben? Und wie schnell Sie gemerkt haben, dass das Erwachsensein kein Zuckerschlecken ist?

Es gibt da ein paar Dinge, die Sie wissen sollten, damit der Anwalt nicht zu spät kommt:

1. Lesen Sie Ihre Verträge!

Immer wieder sitze ich in Mandantengesprächen, überfliege einen mir vorgelegten Vertrag und zitiere einzelne Passagen. Die Augen des Mandanten werden groß und größer und ich weiß, dass er den entsprechenden Text gerade zum ersten Mal zur Kenntnis nimmt…

Es kann gar nicht oft genug betont werden, wie wichtig es ist, Schriftstücke zu lesen und zu verstehen, bevor man sie unterschreibt.

In Deutschland besteht – mit wenigen Ausnahmen – Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass Sie Verträge frei schließen und deren Inhalt gestalten können, Sie sich aber auch dazu entscheiden dürfen, einen Vertrag nicht zu schließen.

Oft werden Vertragsentwürfe von einer Partei vorgelegt und direkt von der anderen Partei unterschrieben.

Man glaubt, das „sei eben so“ und man könne den Vertragsinhalt nicht beeinflussen.

Man hat Angst, dass man den Vertragspartner durch Rückfragen verschreckt oder sich selbst blamiert.

Oder man geht davon aus, dass es sich um einen Standardtext handelt, der schon seine inhaltliche Richtigkeit haben wird.

Alles Quatsch!

Eine Vertragsunterzeichnung ist für beide Seiten entscheidend.

Das, was Sie in diesem Moment unterschreiben, wird Ihnen im Verlauf Ihrer Vertragsbeziehung immer wieder „unter die Nase gehalten“ und im Zweifel in einem Rechtsstreit gegen Sie verwendet.

Lesen Sie Ihre Verträge daher sorgfältig durch, besprechen Sie die Punkte, die Ihnen nicht zusagen, stellen Sie alle Fragen, die Sie haben, und lassen Sie sich alles erklären, was Sie nicht verstehen.

Haben Sie das getan und Sie sind sich trotzdem noch nicht sicher, ob Sie den Vertrag unterschreiben wollen, lassen Sie die Finger davon oder ziehen Sie einen Anwalt zurate.

Unterschreiben Sie erst, wenn es sich wirklich richtig für Sie anfühlt!

2. Es muss beweisbar sein!

Oft erzählen mir Mandanten glaubhaft, dass sie den Antrag bei einer bestimmten Behörde eingereicht haben. Dort in der Akte ist dieser Antrag aber nicht auffindbar. Zu wessen Lasten geht so etwas wohl?

Genau: Zu Ihren.

Wenn Sie eine bestimmte Handlung, Aussage oder Zusicherung nicht durch ein Schriftstück oder einen Zeugen beweisen können, ziehen Sie vor Gericht den Kürzeren!

Falls Sie also z.B. ein Vertragsverhältnis kündigen, müssen Sie nachweisen können, dass die Gegenseite die Kündigung erhalten hat.

Sie können die Kündigung etwa durch einen Boten überbringen oder in den Briefkasten einwerfen lassen. Dann sollte der Bote aber auch das eigentliche Schriftstück und nicht nur den Umschlag gesehen haben.

Sie können eine Kündigung persönlich übergeben und sich den Erhalt durch den Empfänger quittieren lassen.

Oder Sie schicken die Kündigung per Einwurfeinschreiben oder per Einschreiben mit Rückschein.

Bei „nicht so wichtigen Schreiben“, wenn Sie etwa einen Einkommensnachweis an eine Behörde schicken, können Sie diesen auch faxen oder an eine E-Mail hängen. Auch dann ist nachvollziehbar, dass und wann Sie die Unterlagen übersendet haben.

Wenn Sie sich mündlich auf etwas einigen, lassen Sie sich dies schriftlich bestätigen oder schicken Sie zumindest selbst eine Bestätigung, deren Zugang Sie wiederum beweisen können.

In einem Gerichtsprozess muss jede Partei die für sie günstigen Umstände beweisen können.

Handeln Sie daher nachvollziehbar!

3. Sichern Sie sich gegen Schicksalsschläge ab!

Niemand rechnet mit dem Schlimmsten, aber schlimme Dinge passieren… Ihre Zigarette brennt einen Wald nieder, Ihnen fällt ein Klavier auf den Fuß oder ähnliches…

Lassen Sie sich daher nicht erwischen ohne (in absteigender Reihenfolge der Wichtigkeit):

  • Krankenversicherung
  • Haftpflichtversicherung
  • Krankentagegeldversicherung/ Berufsunfähigkeitsversicherung
  • (gesetzliche) Unfallversicherung (Arbeitnehmer sind automatisch in der gesetzlichen Unfallversicherung, Selbständige nicht…)
  • Rechtschutzversicherung (Anwälte sind teuer, Gerichtskosten und gerichtliche Gutachter auch…)

Sie haben noch Fragen? Kontaktieren Sie mich gerne!

Die Vorsorgevollmacht

Um eine gerichtliche Betreuung zu verhindern, können Sie eine Person Ihres Vertrauens durch eine Vorsorgevollmacht ermächtigen, für Sie zu handeln.

Diese Person trifft dann an Ihrer Stelle verbindlich die notwendigen Entscheidungen.

Anweisungen in der Vollmacht:

Der Bevollmächtigte muss und sollte überlegen, wie der Vollmachtgeber entscheiden würde, wenn er selbst handeln könnte.

Natürlich ist es schwer, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen. Daher sollte die Vorsorgevollmacht Entscheidungshilfen oder sogar rechtsverbindliche Anweisungen enthalten.

Der Inhalt der Vollmacht:

Die Person des Bevollmächtigten und den Umfang seiner Befugnisse können Sie in einer Vorsorgevollmacht selbst bestimmen.

Die meisten Menschen erteilen eine Generalvollmacht für alle persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten – damit kein wesentlicher Bereich vergessen wird.

Die Vollmacht kann die z.B. die persönlichen und finanziellen Angelegenheiten eines Menschen regeln:

Persönliche Angelegenheiten betreffen das Lebensumfeld unmittelbar:

  • Eigene Wohnung oder Heim?
  • Operieren oder nicht?
  • Wer darf die Krankenakte sehen?
  • Wer darf mit dem Arzt reden?

Weil es hier um den Kern der Selbstbestimmung geht, verlangt der Gesetzgeber, dass der Bevollmächtigte hierzu ausdrücklich ermächtigt wird!

Finanzielle Angelegenheiten:

  • Einzahlungen auf das Bankkonto und Abhebungen
  • Abschluss oder Kündigung eines Mietvertrages
  • Beantragung von Leistungen bei der Krankenkasse oder der Pflegeversicherung

Aber:

Bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften (z.B. bei der Errichtung eines Testaments) ist eine Vertretung nicht möglich!

Mehrere Bevollmächtigte:

Man kann die Befugnisse auch zwischen mehreren Personen aufteilen oder festlegen, dass eine zweite Person bei bestimmten Entscheidungen zustimmen muss.

Wenn Sie zum Beispiel ein Kind haben, das sich gut um sie kümmert, aber sich mit Geld nicht auskennt, kann es sinnvoll sein, für Ihre finanziellen Entscheidungen eine zweite Person zu bevollmächtigen.

Bitte denken Sie daran:

Unstimmigkeiten zwischen den Bevollmächtigten verzögern Entscheidungen!

Falls Sie mehrere Personen bevollmächtigen möchten, ist es auf jeden Fall sinnvoll, dies vorab mit diesen Menschen durchzusprechen, damit Ihre Wünsche allen Beteiligten klar sind!

Eine Vollmacht ist Vertrauenssache!

Es besteht die Möglichkeit, dass der Bevollmächtigte die Vollmacht missbraucht. Wem Sie „nicht so recht über den Weg trauen“, dem sollten Sie auch keine Vollmacht geben.

Ich rate meinen Mandanten, auch auf das eigene Bauchgefühl zu achten, das einem oft sagen kann, wer geeignet ist und wer eben nicht.

Die Form der Vorsorgevollmacht

Wie muss eine wirksame Vollmacht abgefasst sein?

  • schriftlich (lesbar mit Ort, Datum und Unterschrift!)
  • Formulare können Ihnen helfen, müssen aber eventuell auf Ihre persönliche Situation und Ihre Wünsche angepasst werden
  • eine notarielle Beurkundung ist in der Regel nicht erforderlich (außer z.B. bei: Verbraucherdarlehen, Veräußerung und Belastung von Häusern)

Bank- und Kontovollmachten:

Können in die Vorsorgevollmacht mit aufgenommen werden. Es gibt aber bei Ihrer Bank in der Regel auch Vordrucke, mit denen Sie Vollmachten für Ihre Konten erteilen können.

Die Vollmacht muss später nachweisbar sein!

Ist der Vollmachtgeber sehr alt oder bereits schwer erkrankt, muss überprüfbar sein, dass er im Zeitpunkt der Ausstellung der Vollmacht noch geistig klar (geschäftsfähig) war!

In solchen Fällen empfiehlt sich:

  • eine notarielle Beurkundung oder
  • den Hausarzt mit unterschreiben lassen!

Arzt und Notar müssen sich vergewissern, dass der Vollmachtgeber die Bedeutung und das Ausmaß der Vorsorgevollmacht versteht.

Bitte geben Sie klar an, für welche Bereiche die Vollmacht gelten soll!

Sie müssen die Person(en) mit Geburtsdatum benennen, die bevollmächtigt sein soll(en).

Für den Fall, dass der eigentlich Bevollmächtigte ausfällt, empfiehlt es sich, einen Ersatzbevollmächtigten (ebenfalls mit Geburtsdatum) benennen.

Um sicherzustellen, dass die Vollmacht nicht durch Blätteraustauschen manipuliert werden kann, sollten Sie jede Seite einzeln am unteren Rand unterschreiben!

Was tun mit der Vollmacht?

Man kann die Vorsorgevollmacht beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren. Dort schauen Gerichte bei Betreuungsverfahren nach, wenn geprüft werden soll, ob ein Betroffener vielleicht schon eigene Vorsorge getroffen hat.

Die Vollmacht muss im Bedarfsfall schnell verfügbar sein.

Sprechen Sie daher mit dem Bevollmächtigten, händigen Sie die Vollmacht aus oder teilen Sie mit, wo sie verwahrt wird.

Besprechen Sie auch im Vorfeld, ob der Bevollmächtigte sich der Aufgabe gewachsen fühlt und zur Vertretung bereit ist.

Auch andere nahe Personen, die Sie nicht bevollmächtigt haben, sollten Sie über die Vollmacht und deren Inhalt informieren!

Falls Sie sich weiter über Betreuungsrecht und Vorsorgevollmacht informieren wollen, finden Sie auf den Seiten des Bundesjustizministeriums viele Informationen, Formulare und Broschüren.

Für Fragen stehe ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung: Telefon 06373-891145, oder kontaktieren Sie mich hier.

Die Patientenverfügung

Eine Patientenverfügung ist eine persönliche Handlungsanweisung an Ärzte:

Sie können so bereits jetzt festlegen, welche Behandlung Sie für den Fall möchten, dass Sie Ihren Willen nicht mehr kundtun können.

Häufigster Inhalt sind Behandlungswünsche für das Lebensende.

Unterschied zur Vorsorgevollmacht:

Bei jeder ärztlichen Behandlung (z.B. Operation, Spritzengabe) ist Ihre Einwilligung erforderlich. Sind Sie schwer erkrankt, kann man Sie möglicherweise nicht mehr fragen, ob Sie mit den anstehenden Behandlungen einverstanden sind.

Die Patientenverfügung gibt in einem solchen Fall Ihren mutmaßlichen Willen wieder, während eine Vorsorgevollmacht schon jetzt verbindlich festlegt, wer Sie rechtswirksam vertreten kann.

Vor ein paar Jahren ist die Patientenverfügung gesetzlich geregelt und ins Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen worden:

„Hat ein […] Volljähriger […] schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte […]Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.“ (§ 1901 a Abs. 1 BGB)

Betreuer kann in diesem Fall auch derjenige sein, der Ihr Vorsorgebevollmächtigter ist.

Wie muss eine wirksame Patientenverfügung abgefasst sein?

  • schriftlich (lesbar mit Ort, Datum und Unterschrift!)
  • Formulare können Ihnen helfen, müssen aber eventuell auf Ihre persönliche Situation und Ihre Wünsche angepasst werden
  • Eine notarielle Beurkundung ist in der Regel nicht erforderlich

Da Sie die Patientenverfügung meist viele Jahre vor dem Zeitpunkt erstellen, für den sie gebraucht wird, macht es Sinn, Ihren Willen jährlich oder alle paar Jahre zu bestätigen.

Schreiben Sie dazu einfach unter Ihre Patientenverfügung: „Dies ist auch weiterhin mein Wille“ und unterschreiben Sie dies mit Datum und Ortsangabe.

Inhalt der Patientenverfügung:

Das größte Problem ist, dass Sie in der Patientenverfügung bereits heute Festlegungen für Situationen treffen sollen, in denen Sie vermutlich noch nie waren.

Deshalb darüber nachdenken:

  • Was ist Ihnen in Bezug auf Krankheit und Tod wichtig?
  • Wovor haben Sie Angst?
  • Soll alles medizinisch Mögliche getan werden?
  • Oder möchten Sie in aussichtslosen Situationen sterben gelassen werden?

Wenn Sie diese Fragen für sich geklärt haben, sollten Sie sich Rat suchen und z.B. Ihren Hausarzt ansprechen. Lassen Sie sich von ihm erklären, was in welcher Situation sinnvoll ist.

Lesen Sie sich Formulierungshilfen durch und entscheiden Sie, was in Ihre Patientenverfügung aufgenommen werden soll.

Wenn Sie noch unsicher sind, lassen Sie sich rechtlich durch einen Anwalt oder einen Notar aufklären.

Setzen Sie dann Ihre Patientenverfügung auf und überprüfen Sie diese regelmäßig.

Bitte beachten Sie:

Aufgrund von zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Jahr 2016 und 2017 reicht es nicht mehr aus, dass man in der Patientenverfügung lediglich auf „lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet“.

Der BGH verlangt, dass in der Patientenverfügung ganz konkret die Maßnahmen und Situationen beschrieben werden, in denen der Patient eine bestimmte Handlung wünscht oder eben gerade nicht wünscht.

Zusätzliche Informationen zu der neuen Rechtsprechung hat das Bundesjustizministerium hier veröffentlicht.

Bitte denken Sie daran:

Die Patientenverfügung muss im Notfall schnell auffindbar sein!

Deshalb:

  • Benennen Sie einen Vertreter und erstellen Sie zusätzlich eine Vorsorgevollmacht
  • Informieren Sie Ihren Hausarzt
  • Besprechen Sie den Inhalt der Patientenverfügung mit Ihrem Vertreter und allen nahen Angehörigen, damit Ihre Wünsche bekannt sind und ohne Streitigkeiten und Verzögerungen beachtet werden.

Falls Sie sich weiter über Patientenverfügung, Betreuungsrecht und Vorsorgevollmacht informieren wollen, finden Sie auf den Seiten des Bundesjustizministeriums viele Informationen, Formulare und Broschüren.

Für Fragen stehe ich Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung: Telefon 06373-891145, oder kontaktieren Sie mich hier.